Sensornetze, Maschinelle Intelligenz, vernetzte Systeme und noch viele weitere Technologiebereiche sind für die meisten produzierenden Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Dank ihnen können diese Betriebe heute effizienter und flexibler agieren. Doch bieten digitale Technologien der Produktion auch einen Mehrwert für die andere Branchen?
Die digitale Revolution der Produktion: Industrie 4.0
Produzierende Unternehmen durchlebten in den letzten Jahrzehnten einen großen Wandel. Globale Märkte restrukturierten Wertschöpfungsketten und Betriebe sahen sich einem stärkeren Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Daraus ergaben sich höhere „Anforderungen hinsichtlich Geschwindigkeit, Qualität, Flexibilität, Innovationskraft und Individualisierung“ [Pistorius J, (2017) Industrie 4.0 – Schlüsseltechnologien für die Produktion: Grundlagen, Potenziale, Anwendungen]. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, setzen Unternehmen auf digitale Technologien, welche unter dem Begriff Industrie 4.0 zusammengefasst werden. Kernelement sind cyber-physische Systeme (CPS), welche den Verbund vernetzter Systeme bezeichnen. Sensoren und Aktoren an Maschinen stellen Daten für Software- und Datenbanksysteme bereit. Die vernetzten Systeme können miteinander kommunizieren und versuchen sich hinsichtlich Effizienz und Kostenreduktion zu optimieren [Luber S, Litzel N (2017) Was ist ein Cyber-physisches System (CPS)?]. Auch für andere Branchen werden Geschwindigkeit, Qualität, Flexibilität, Innovationskraft und Individualisierung immer wichtiger. Um einen Überblich über die Vielzahl an Technologien zu erhalten, lassen sich diese in zehn Technologiebereiche gruppieren.
Achten Sie auf offene Schnittstellen
Die Digitalisierung lebt von Informationen. Systeme benötigen meist Informationen, um daraus Mehrwerte zu generieren. Diese sind in Form von Daten in der Regel bereits in großen Mengen vorhanden. Leider sind sie nicht immer abrufbar, da Anbieter von Software und Geräten teilweise keine ausreichenden offenen Schnittstellen bereitstellen. Wichtig ist daher, bei der Anbieterauswahl für neue Geräte oder Apps auf die Verfügbarkeit offener Schnittstellen zu achten. Selbst wenn es derzeit noch keine Anwendungsmöglichkeit gibt, sollten Sie sich zukünftige Digitalisierungsmöglichkeiten offenhalten.
Auswahl geeigneter Technologien und Bestimmung ihrer Anwendungsfelder
In der Produktion wird eine Vielzahl verschiedener Technologien eingesetzt. Sicherlich sind einige Technologien besser für den Einsatz in anderen Branchen geeignet als andere. Dafür teilt sich die Gesamtheit der Technologien zunächst in zehn Technologiebereiche auf. Die Technologiebereiche ergeben sich aus dem Technologieradar von Gausemeier und Wieseke [Gausemeier J, Wieseke J, Echterhoff B (2017) Mit Industrie 4.0 zum Unternehmenserfolg: Integrative Planung von Geschäftsmodellen und Wertschöpfungssystemen], ergänzt um den Bereich der Unternehmenssoftware, welche in der Produktion bereits zum Standard gehört, in anderen Branchen jedoch bisher seltener anzutreffen ist. Die Bereiche sind in der folgenden Abbildung dargestellt.
Analytics
Analytics beschreibt die automatische Auswertung von großen, schnelllebigen und unstrukturierten Datenmengen. In der Industrie stellen Analytics-Technologien Unregelmäßigkeiten in einer großen Menge von Maschinendaten fest. Die Systeme erkennen Störungen, noch bevor diese auftreten. Somit lassen sich Ausfallzeiten reduzieren.
Assistenzsysteme
Digitale Assistenzsysteme unterstützen bei manuellen Tätigkeiten. Dadurch können beispielsweise Sicherheit, Komfort und Produktivität verbessert werden. Diese Systeme sind in einer Vielzahl an Ausprägungen in der Industrie im Einsatz. Kollaborative Roboter arbeiten Hand in Hand mit Menschen zusammen und können repetitive Tätigkeiten übernehmen. Dazu gehören das Verpacken und Stapeln, aber auch das Bohren und Schrauben. Assistenzsysteme können auch digital kommunizieren und beispielsweise anstehende Aufträge auf die Smartwatch von Mitarbeitenden der Produktion kommunizieren.
Cloud-Computing
Durch Cloud-Computing-Technologien können Dienste über das Internet bereitgestellt werden und müssen nicht auf einem lokalen Server betrieben werden. Industrielle Unternehmen nutzen die Technologien, um Software und die benötigte IT-Intrastruktur outzusourcen. Somit müssen Serverkapazitäten nicht im Unternehmen vorgehalten werden, stattdessen werden diese dann gebucht, wenn sie benötigt werden. Außerdem werden Cloud-Technologien genutzt, um Produkte „smart“ zu machen. Das bedeutet, dass diese Produkte durch die Kommunikation mit einem Server in der Cloud auf Informationen zugreifen und diese bereitstellen können.
CNC, Laser & additive Fertigung
Werkzeuge können automatisch auf Achsen bewegt und eingesetzt werden. Dabei werden Werkstücke beispielsweise spanend bearbeitet oder mittels Laser geschnitten. Auch Materialauftragung ist durch additive Fertigung möglich. 3D-Druck ermöglicht es Betrieben, individuelle Produkte in geringer Stückzahl zu fertigen. Der 3D-Drucker trägt das Material schichtweise auf. Die Technologie wird häufig verwendet, um Prototypen herzustellen. Des Weiteren setzt die Produktion häufig CNC Maschinen ein. CNC steht für Computerized Numerical Control und beschreibt eine Maschinensteuerung, die mittels programmierbarer Abläufe eine hohe Reproduzierbarkeit und Qualität in der Fertigung von Produkten ermöglicht.
Maschinelle Intelligenz
Maschinelle Intelligenz bildet eine menschenähnliche Intelligenz nach, um eigenständig bestimmte Problemstellungen zu bearbeiten. Industrielle Unternehmen setzen diesen Technologiebereich sowohl in ihrer Produktion, als auch in Produkten ein. Beispielsweise erkennt ein intelligentes System, ob ein Produkt korrekt gefertigt wurde. Dafür wird dem System durch ein Training beigebracht, wie korrekte Produkte gegenüber fehlerhaften Produkten aussehen.
Sensornetze
Sensornetze beschreiben die Erfassung, Verarbeitung und Kommunikation von Daten mittels Sensorik (z.B. von Daten aus Maschinen oder von der Umgebung). Industrielle Unternehmen erfassen mit ihnen Betriebszustände von Maschinen und Anlagen. Sie nutzen diese Informationen zur Optimierung und Steuerung von Prozessen. So werden Aufträge bei Störungen automatisch auf eine verfügbare Maschine umgeleitet.
Track & Trace
Track & Trace Technologien ermöglichen die Identifikation, Ortung und Rückverfolgung von Geräten, Produkten, Personen, Werkzeugen, etc. Diese werden in der Industrie beispielsweise für die automatische Identifizierung von Paletten und Produkten eingesetzt. Ein Werkstück meldet sich darüber bei einer Werkzeugmaschine an und stellt Informationen über das zu verwendende Maschinenprogramm bereit.
Unternehmenssoftware
Zentrale Softwaresysteme bereiten Informationen auf und stellten diese den jeweiligen Personen zur richtigen Zeit bereit. In der Industrie verwalten diese die Unternehmensressourcen und -prozesse. Dazu zählen unter anderem verfügbare Materialien, Personal- und Maschinenkapazitäten und Fertigungsabläufe. Dies reduziert den Planungsaufwand und spart den Unternehmen damit Zeit und Geld.
Vernetzung / Sicherheit
Durch Vernetzung können – unter Beachtung der IT-Sicherheit – Systeme und Geräte einfach, sicher, zuverlässig und unabhängige verbunden und verwaltet werden. Die Vernetzung ist essenzieller Bestandteil von Industrie 4.0. Systeme kommunizieren untereinander über offene Schnittstellen. So tauschen Systeme verschiedener Anbieter relevante Daten miteinander aus. Beispielsweise stellt eine Maschine Temperaturdaten bereit, die ein anderes System nutzt, um den Maschinenzustand zu ermitteln und zu verarbeiten.
Virtualisierung / Simulation
Virtualisierung verbindet die physische mit der virtuellen Welt und bereichert diese mit Informationen. Die Industrie verwendet beispielsweise Augmented Reality-Systeme, um Anweisungen zur Arbeitsausführung oder zur Wartung von Anlagen über das reale Bild zu legen und diese einzublenden. Dies geschieht über bestimmte Brillen oder über das Kamerabild eines Smartphones.
Technologietransfer in andere Branchen
Die vorgestellten Technologiebereiche sind in der verarbeitenden Industrie erprobt. Das Mittelstand-Digital Zentrum Hannover unterstützt Sie beim Transfer der Technologien in Ihre Branchen. Buchen Sie dafür gerne ein kostenfreies Firmengespräch mit unserem Experten Christoph Digwa. Weitere Infos zum Technologietransfer am Beispiel der Gastronomie finden Sie im Mittelstand-Digital Magazin „WISSENSCHAFT TRIFFT PRAXIS – Ausgabe 15“.