Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen sich immer stärker gegen den globalen Wettbewerbsdruck mittels Produktinnovationen behaupten. Die Digitalisierung kann dabei helfen, genau diese Produktinnovationen voranzutreiben, indem diese nicht nur eine zentrale Rolle in u. a. der Logistik oder im Bereich der Produktion spielt, sondern auch die Art und Weise ändert, wie Unternehmen zukünftig Gewinne erwirtschaften.
In den letzten Jahren ist der Anteil der Services am Unternehmensumsatz kontinuierlich gestiegen. Insbesondere im produzierenden Unternehmen findet ein Wandel statt, indem zusätzlich zum Produkt auch Services angeboten werden. Dieser Trend wird auch „Servitization“ genannt. Hierbei geht es nicht darum, im Bereich des After-Sales z. B. Reparaturservices anzubieten. Vielmehr geht es darum, auf das Produkt zugeschnittene Services – insbesondere auch im Bereich der Produktnutzungsphase – anzubieten. Diese Konstellation aus Produkt und Service, wird Produkt-Service-System (PSS) genannt.
Was ist ein Produkt-Service-System?
PSS zeichnen sich dadurch aus, dass der Service und das Produkt auf die Kundenanforderungen bezogen sind. Hier ist der entscheidende Unterschied zu „produktbegleitenden Dienstleistungen“, die als reine Erweiterungen von Sachleistungen und nicht hinsichtlich der Funktionserfüllung optimiert sind. PSS werden anders als produktbegleitende Dienstleistungen zeitgleich und in Abstimmung zueinander entwickelt, indem direkt mitgedacht wird, wie der Service das Produkt und das Produkt den Service unterstützen kann. Die Vorteile von PSS liegen in der konsequenten Fokussierung auf den Kundennutzen. Daraus resultieren beispielsweise sowohl starke Kundenbindungen als auch Wettbewerbsvorteile.
Welche Arten der PSS gibt es?
Es wird zwischen verschiedenen Formen unterschieden: Produktorientierte, nutzenorientierte und ergebnisorientierte PSS.
Produktorientierte PSS fokussieren primär den Verkauf von Produkten, welcher durch einen Service ergänzt wird. Ein Beispiel ist ein zum Produkt vereinbarter Wartungsvertrag.
Nutzenorientierte PSS fokussieren sich auf den „Kundennutzen“, bei dem der Service eine immer wichtigere Stellung einnimmt. Das Produkt wird den Kund:innen zeitlich befristet zur Verfügung gestellt und verbleit deshalb im Eigentum des Anbieters. Hierbei garantiert z. B. das Unternehmen den Kund:innen die Funktionalität des Produkts.
Ergebnisorientierte PSS zeichnen sich dadurch aus, dass das Produkt nahezu vollständig durch eine Dienstleistung ersetzt wird, indem Verträge hinsichtlich der zu erbringenden Leistung mit den Kund:innen geschlossen werden (z. B. Pay-per-Use). Anstatt eine Maschine zu kaufen, wird also das „Ergebnis“ bezahlt. Hierfür sind Verträge zwischen Zulieferer bspw. zu Stückzahl und Qualität notwendig.
Ein Best-Practice-Beispiel aus der Luftfahrt
Rolls-Royce stellt nicht nur hochwertige Autos her, sondern produzieren auch Triebwerke für Flugzeuge. Die Luftfahrtgesellschaften haben nicht das primäre Interesse Flugzeugtriebwerke zu besitzen, sondern möchten Passagiere möglichst reibungslos von A nach B fliegen. Genau hier setzt Rolls-Royce an, indem sie die Triebwerke den Fluggesellschaften über ein ergebnisorientiertes PSS namens „Power-by-the-Hour“ bzw. „TotalCare[2]“ zur Verfügung stellen. Luftfahrtgesellschaften zahlen nun für die Nutzung von Triebwerken pro Stunde. Sowohl für Luftfahrtgesellschaften als auch für Rolls-Royce bringt das einige Vorteile mit sich: Die Luftfahrtgesellschaften haben z. B. vorhersehbare Kosten, keinen Wartungsaufwand, die Umwandlung von Kapitalausgaben zu Betriebsausgaben und das Risiko wird minimiert, da Rolls-Royce die Verantwortung über die Funktionserfüllung trägt.
Rolls-Royce hat die Vorteile der geglätteten Einnahmen, der Kundenbindung, Umsatzsteigerung und die Möglichkeit Betriebsdaten zu sammeln, um das Produkt kontinuierlich zu verbessern. Somit entsteht ein gemeinsames Interesse, ein möglichst langlebiges, ausfallarmes und qualitativ hochwertiges Produkt zur Verfügung zu haben.
Herausforderungen von KMU bei der Entwicklung von PSS
Aktuell gibt es eine Vielzahl an Methoden, die Unternehmen unterstützen sollen traditionelle Geschäftsmodelle zu innovieren. Häufig werden hierfür bspw. Canvas-Methoden, wie das klassische „Business Model Canvas“, vorgeschlagen. Im Prinzip werden dem Anwender hierbei in Bezug stehende Schlüsselfaktoren aufgezeigt, die es bei der Geschäftsmodellentwicklung zu berücksichtigen gilt. Trotz zahlreicher Methoden zeigen unsere Erfahrungen, dass insbesondere KMU weiterhin vor der Herausforderung stehen, traditionelle Geschäftsmodelle innovativ weiterzuentwickeln. Den KMU fehlt eine Art experimentelle Umgebung, in der sie geschützt solche neuen und innovativen Geschäftsmodelle entwickeln können.
Unser Lösungsansatz zur spielerischen Entwicklung von PSS
Um diese Lücke zu schließen, bietet das Mittelstand Digital Zentrum Hannover mit dem Planspiel „PSS-Plan“ eine neue Möglichkeit an, um Geschäftsmodellentwicklung und -innovation mittels PSS voranzutreiben. Die PSS-Inhalte werden spielerisch vermittelt, Erfahrungen mit hybriden Geschäftsmodellen gesammelt und Chancen zur Entdeckung neuer Geschäftsfelder gegeben. Zudem wird das Planspiel mit sogenannten Firmengesprächen flankiert, bei dem Sie kostenlos von unseren Expert:innen unterstützt werden, PSS methodisch zu entwickeln. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, mit anderen Teilnehmenden direkt in Kontakt zu treten, die ebenfalls Interesse an der Implementierung oder (Weiter-)Entwicklung von PSS haben.
Wir helfen Ihnen gerne
Der Trend „Servitization“, bei dem Produkt- zum Serviceanbieter werden, nimmt aufgrund unterschiedlichster Gründe immer weiter zu. Sogenannte Produkt-Service-Systeme helfen langfristig dabei, dem Wettbewerbsdruck standzuhalten und Produktinnovationen voranzutreiben. KMU stehen oftmals vor der Herausforderung solche PSS zu entwickeln. Unsere vom Bund geförderten Expert:innen im Mittelstand-Digital Zentrum Hannover möchten Sie dabei gerne kostenlos unterstützen.
Falls wir Sie überzeugt haben, langfristig zu denken, melden Sie sich für das Planspiel am 3. November 2022 an und/oder vereinbaren Sie einen kostenlosen Termin mit unseren Expert:innen aus dem Mittelstand-Digital Zentrum Hannover, damit wir gemeinsam Potenziale in Ihrem Unternehmen aufdecken und individuell auf Ihre Zukunftsfragen eingehen können (auch als Online-Termin möglich). Wir unterstützen und begleiten Sie gerne!
[1] Tukker, Arnold (2004): Eight types of product-service system: eight ways to sustainability? Experiences from SusProNet. In: Bus. Strat. Env. 13 (4), S. 246–260. DOI: 10.1002/bse.414.