Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) im Bereich der Medizintechnik bietet viele Vorteile gegenüber der klassischen Datenauswertung. Die MediTECH Electronic GmbH entwickelt und vermarktet medizintechnische Analyseverfahren mit dazugehöriger Hard- und Software, insbesondere in den Bereichen Hör-. Wahrnehmungs- und Gleichgewichtsstörungen sowie Bio- und Neurofeedback. Zu den Kund*innen zählen Ärzt*innen, Kliniken, Therapeut*innen und Pädagog*innen. Die in Trainings und Therapien generierten Daten werden aktuell lokal und in der jeweiligen MediTECH-Softwarelösung gespeichert. Dies generiert zwei wesentliche Nachteile: Zum einen ist eine Verknüpfung von individuellen Patientendaten aufgrund fehlender Schnittstellen zwischen den einzelnen Software-Programmen nicht möglich. Hierdurch können keine ganzheitlichen Therapieansätze für Patient*innen mit mehreren Gesundheitsproblemen ausgearbeitet werden. Zum anderen fehlt Ärzt*innen, Therapeut*innen, Kliniken und Pädagog*innen die Möglichkeit, individuelle Gesundheitsanalysen ihrer Patient*innen anonymisiert mit einem großen Datenpool von ähnlichen Patientenfällen zu vergleichen und auszuwerten.
Daher wurde im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts mit dem Mittelstand-Digital Zentrum Hannover eine prototypische KI-Lösung konzeptioniert und umgesetzt. Darauf basierend wurden die Kriterien für die Umsetzung einer ganzheitlichen Gesundheitsanalyse sowie für die Erschaffung einer Cloudlösung formuliert.
Quelle: IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH, Icons (Copyright): www.flaticon.com
Das Verfahren zur Entwicklung der prototypischen KI teilt sich in vier Schritte auf:
- Schritt: Verarbeitung des Datenformats und Import der Daten
Die MediTECH Electronics GmbH stellte dem IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH Patientendaten in Form einer GDB-Datei zur Verfügung. Die Datei enthielt die Test- und Trainingsergebnisse unterschiedlicher Patient*innen in anonymisierter Form. Da das Dateiformat nicht für die Nutzung mit der Programmiersprache Python kompatibel war, erfolgte zuerst die Umwandlung der Daten in eine CSV-Datei. - Schritt: Datenüberprüfung und Problemidentifikation
Im zweiten Schritt wurden die Datensätze betrachtet und die enthaltenen Informationen extrahiert. Durch diese Untersuchungen wurden auch Fehler und Probleme ersichtlich, welche sich durch die vorliegende Formatierung ergeben. Diese Fehler wurden durch entsprechende Befehle entfernt. - Schritt: Datenbereinigung und Transformation
Im Rahmen der Datenbereinigung wurden die Datensätze auf folgende Aspekte analysiert: einzelne Attribute, Beziehung der Attribute untereinander und Relevanz einzelner Werte. Daraus ergaben sich u. a. die folgenden Fehler in den Datensätzen, welche durch entsprechende Befehle in Python bereinigt werden konnten: Datenduplikationen, mehrere Werte in einer Spalte, Sonderzeichen an falschen Stellen und leere Spalten. Für jeden identifizierten Fehler musste individuell entschieden werden, welche Maßnahme geeignet ist, um den Fehler zu bereinigen. Beispielsweise ergab eine Abfrage, dass es in den Datensätzen 107 unterschiedliche Altersstufen gab. Daraufhin wurden die einzelnen Altersstufen in den Daten betrachtet und einige Alterswerte identifiziert, bei denen es sich um Schreibfehler handeln musste. Daher wurde eine Regel formuliert, welche Altersstufen im Rahmen der Auswertung betrachtet werden. Die restlichen Datensätze wurden nicht mehr betrachtet.
Des Weiteren erfolgte in diesem Schritt eine Interpretation des Inhalts der Datensätze: Was ist ein Bestwert? Was ist ein Startwert? Wie hängen die beiden Werte zusammen? Wie hoch ist der Einfluss von Testeinstellungen? Lassen sich Ausreißer erklären? Wie werden fehlerhafte Datensätze erkannt? Als letzter Vorgang wurden die Daten normiert, also zum Zwecke der Vereinheitlichung der Messskalen auf einen Wert zwischen 0 und 1 umgerechnet.
- Schritt: Visualisierung und Datenmodellierung
Im vierten Schritt wurde eine Korrelationsmatrix erstellt, die Zusammenhänge und Muster zwischen extrahierten Datenmengen anzeigen kann. Die Korrelationsmatrix nutzt den Pearson-Korrelationskoeffizienten (zwischen 1 und -1). Der Wert 1 bedeutet hier eine stark positive, -1 eine stark negative Korrelation und 0 bedeutet, dass keine Korrelation ermittelt werden kann. Es ergaben sich moderat positive Korrelationen zwischen einigen Analyseverfahren.
Da in diesem Anwendungsfall ungelabelte Datensätze vorlagen, kamen nur KI-Ansätze des unüberwachten Lernens für tiefergehende Untersuchungen in Frage. Es wurde die kMeans-Methode genutzt, anhand welcher Cluster mit ähnlichen Werten gebildet werden. In der Abbildung sind vier Cluster für die Altersstufe 1 (5 bis 10 Jahre) dargestellt. Es ist sichtbar, dass Cluster 1 jene Patient*innen enthält, welche in allen Anwendungen ein gutes Ergebnis erhielten. Cluster 2 enthält Patient*innen, welche in der Anwendung Soundboy Schwächen aufwiesen und auch in anderen Anwendungen teilweise schlechtere Ergebnisse aufwiesen als Patient*innen des Clusters 1. Patient*innen aus Cluster 3 wiesen Schwächen bei der Anwendung Brainboy_Visuell auf, während Cluster 4 aus Patient*innen mit grundsätzlich durchwachsenen Testergebnissen besteht. Durch die KI-Analyse ist es nun also möglich, Patient*innen unterschiedlichen Clustern zuzuordnen. Durch den Vergleich mit einer großen Menge Daten anderer Patient*innen, können hieraus durch die Therapeut*innen Schlüsse zum Gesundheitszustand gezogen werden. Dafür muss der Bereich der KI-Auswertung in der Zukunft noch weiter ausgerollt werden.
Quelle: IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH
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