KI-Prognose von Stromverbrauch und -erzeugung
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Herausforderung & Zielsetzung
Projektbeschreibung
Die Gundlack Automation GmbH ist Spezialist für erneuerbare Energien, Automation und Maschinensicherheit. Sie bietet Lösungen im Bereich individuell angepasster Photovoltaik und Wallboxen sowie Automatisierungslösungen und Retrofits an.
Ausführlicher Projektbericht
Mit der wachsenden Anzahl von PV-Anlagen in Unternehmen und Haushalten wird es immer wichtiger, den erzeugten Strom effizient zu nutzen, ohne die Stromnetze zu überlasten. Betreibende stehen vor der Herausforderung, PV-Strom in Phasen hoher Netznachfrage selbst zu nutzen oder zu speichern, um Spitzenverbräuche zu glätten und Kosten zu reduzieren. Die Nutzung dynamischer Stromtarife, welche ab 2025 auf Seiten der Stromanbieter verpflichtend angeboten werden müssen [1], erfordert zur optimalen Ausnutzung des Sparpotenzials eine automatisierte Steuerung, der eine genaue Prognose von Stromverbrauch und -erzeugung zu Grunde liegt.
Um ein Vorhersagemodell für die Stromerzeugung aus Solaranlagen und den Stromverbrauch eines Haushalts zu entwickeln, wurden zunächst Wetterdaten, Erzeugungsleistung der Solaranlagen und Daten zum Stromverbrauch der jeweiligen Haushalte gesammelt. Im Projekt lagen Daten von fünf Haushalten für ein Jahr vor. Über die Haushalte sind keine weiteren Eigenschaften wie z. B. zu Anzahl der Bewohner, Nutzung eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe bekannt. Wetterdaten wurden online vom Deutschen Wetterdienst bereitgestellt.
Diese Daten wurden aufbereitet und geordnet, um sie anschließend analysieren zu können. In der Analyse wurden Muster und Zusammenhänge identifiziert, die Aufschluss darüber geben, wie das aktuelle Wetter bzw. die Jahreszeit die Stromerzeugung und den Stromverbrauch beeinflussen. Dies wurde mithilfe eines K-Nearest-Neighbor (KNN) Algorithmus umgesetzt, der auf Basis der erkannten Muster auch Vorhersagen treffen kann. Es wurden im Einzelnen folgende Schritte durchlaufen:
Datenaufnahme: Es wurden historische Daten zu Wetter, Stromverbrauch und -erzeugung gesammelt. Diese Daten stammen von lokalen Wetterstationen bzw. dem Deutschen Wetterdienst und den PV-Anlagen selbst.
Vorverarbeitung: Die Daten werden auf dieselben Zeiträume konsolidiert und um Fehler wie Sensorausfälle oder Redundanzen bereinigt. Der Datensatz wurde in Trainings- (drei Haushalte) und Validierungsdaten (zwei Haushalte) aufgeteilt, um das Modell zu erstellen und daraufhin zu testen.
Analyse und Modellaufbau: Anhand des Datensatzes wurden relevante Datenkategorien, sog. Labels, wie Sonnenscheindauer und Temperatur definiert, die die Grundlage für die Vorhersage von Stromerzeugungs- und Verbrauchsdaten bilden.
Modelltraining: Mit dem KNN wurde das KI-Modell trainiert. Das Modell nutzt die Labels, um Vorhersagen zu treffen, wobei Wettervorhersagen eine wichtige Rolle spielen.
Evaluierung: Das trainierte Modell wurde anhand des Validierungsdatensatzes evaluiert. Der Vergleich zwischen prognostizierten und tatsächlichen Daten zeigt die Genauigkeit des Modells. In den Bildern 3 – 5 zeigt die rote Linie die jeweilige Prognose und die blaue Linie die tatsächlichen Werte.
Je nach Güte und Umfang der Trainingsdaten, kann das Modell stundengenaue Vorhersagen treffen, die eine optimale Nutzung von PV-Anlagen ermöglicht. Es prognostiziert den Stromverbrauch und die Stromerzeugung über mehrere Tage und hilft Betreibenden, die Einspeisung und Speicherung von Strom zu planen. Dabei lernt das System mit mehr Daten immer genauer zu werden. Da der Stromverbrauch eines Haushalts weniger wetterabhängig als die Stromerzeugung ist, sind auch längere Zeiträume zur Beobachtung des Verbraucherverhaltens notwendig, um langfristig gute Vorhersagen treffen zu können. Dabei sind die Vorhersagen bei wenig vorhandenen Daten auch weniger genau.
Die folgenden Diagramme zeigen Ausschnitte der Vorhersagen und tatsächlich ermittelten Werte für die Stromerzeugung und den Verbrauch in den fünf untersuchten Haushalten.
Bild 1: (Prognose-)Werte für die Stromerzeugung in einem Winterzeitraum. Quelle: eigene Darstellung
Wie in Bild 3 ersichtlich, ist der Zeitpunkt der Stromerzeugung genau vorhersagbar. Die erwartete Erzeugerleistung ist zusätzlich zum Sonnengang auch vom Wetter abhängig, etwa vom Wolkenbehang. Die Stromerzeugung kann daher qualitativ sehr gut vorhergesagt werden, quantitativ besteht allerdings noch eine Diskrepanz, die darauf basiert, dass die Wetterdaten von Stationen stammen, die in einiger Entfernung zu den Erzeugungsstellen stehen und somit nicht zu jeder Zeit den tatsächlichen Sonneneinstrahlungswert für alle Standorte der untersuchten Häuser darstellen können.
Bild 2: (Prognose-)Werte für die Stromerzeugung in einem Sommerzeitraum. Quelle: eigene Darstellung
Im Sommer hingegen ist im Allgemeinen mit konsistent klarem Wetter zu rechnen, dies zeigt sich auch in Bild 4. Hier ist die Vorhersage auch quantitativ deutlich kongruenter mit den tatsächlich erreichten Werten.
Bild 3: (Prognose-)Werte für den Verbrauch in einem Winterzeitraum. Quelle: eigene Darstellung
Bei der Prognose der Verbrauchsdaten zeigt sich bereits, dass diese nur indirekt vom Wetter abhängig sind, sodass die erwarteten Verbräuche sich bei den Haushalten anders darstellen. Ein Training für einzelne Haushalte war aufgrund der wenigen historischen Daten nicht möglich. Qualitativ zeigt sich jedoch, dass Verbrauchsmuster im Wochenverlauf gut abbildbar sind. Um die Vorhersagen auch im Bereich eines Tages kongruenter zu gestalten, müssen Verbrauchsdaten für einen Haushalt über einen Jahreszeitraum hinaus gesammelt werden. Noch besser wäre es, PV-Anlagen mit lokalen Wetterstationen zu verknüpfen, denn dann ließen sich ortsnah quantitativ objektivere Aussagen in der Vorhersage treffen.
Nutzen für den Mittelstand
Das Projekt bietet dem Mittelstand ein Tool zur zukünftigen Optimierung von Steuerungen der PV-Anlagen sowohl im privaten als auch dem industriellen Bereich. Durch die Implementierung dieses Systems können die Anlagen durch präzise Prognosen den Eigenverbrauch steigern, bspw. durch die gezielte Batterieeinspeisung zu Zeiten des eigenen Produktionsmaximums. Dies ermöglicht eine effizientere Nutzung der selbst erzeugten Energie. So bieten schaltbare Relais oder Smarte Gerätesteuerungen die Möglichkeit, elektrische Verbraucher gezielt erst bei zu erwartendem Eigenstromüberschuss zu aktivieren, auch wenn die Betreibenden nicht zu Hause sind. Dies ist besonders vorteilhaft im Hinblick auf variable Stromtarife, auf die die Anlagen dadurch optimal vorbereitet sind. In der Praxis führt dies zu erheblichen Kosteneinsparungen, da die Betreibenden der PV-Anlagen von niedrigeren Stromkosten profitieren und gleichzeitig die Abhängigkeit von teurem Netzstrom verringern.
Die effiziente und autonome Anpassung der Energieverbrauchsmuster an die Produktion der Solaranlagen verbessert nicht nur die ökonomische Effizienz, sondern trägt auch zur Stabilisierung des lokalen Stromnetzes bei. Durch die Reduktion von Lastspitzen helfen diese optimierten Systeme, Netzüberlastungen zu vermeiden und unterstützen so die Energiewende.
Da die Anlagen sich somit schneller rentieren, haben die Solateure bzw. Hersteller von Anlagen für ihre Kunden ein schlagkräftiges Argument in die nachhaltigere Energie-Zukunft zu starten. Diese beschleunigte Amortisation der Investition macht die Entscheidung für Solaranlagen attraktiver und fördert die Bereitschaft, in erneuerbare Energien zu investieren. Zusätzlich stärkt das Projekt das Image der Unternehmen als Vorreiter einer nachhaltigen Energieversorgung und bietet ihnen die Möglichkeit, sich in einem wettbewerbsintensiven Markt zu differenzieren und ihre Marktposition zu festigen. Insgesamt unterstützt das Tool nicht nur die betriebswirtschaftliche Seite der Energieerzeugung, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz und zur Förderung von nachhaltigen Energiequellen.
Quellen
[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). (2023, Mai 12). Smart Meter-Gesetz final beschlossen. Abgerufen am 07.05.2024 von https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2023/05/20230512-smart-meter-gesetz-final-beschlossen.html
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